Ein bunter Strauß an Methoden und Tools
Bei der letzten Marketing-Intensiv-Veranstaltung am 17. Oktober an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Uni Augsburg ging es tatsächlich intensiv zu. Diesmal drehte sich alles um die „Marktforschung zwischen Big Data und Tiefeninterview: Chancen innovativer Ansätze für kundenzentriertes Marketing“. Dazu war Frau Prof. Dr. Hariet Köstner von der Fakultät für Wirtschaft der Hochschule Augsburg zu Gast. Sie hat unseren Mitgliedern viele interessante Aspekte und einige Untersuchungen dazu vorgestellt. Die Studenten, aber auch unsere Experten aus dem Marketing Club tauschten sich danach noch lange aus. Das Thema schien unerschöpflich.
Prof. Dr. Hariet Köstner studierte Sozialwissenschaften an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und promovierte im Bereich ökonometrisches Modelling von FMCG-Daten. Bereits während der Promotion arbeitete sie bei Informationen Resources (IRI) – einem der zehn größten Marktforschungsinstitute weltweit. Anschließend leitete sie über zehn Jahre lang den Bereich Statistik & Methoden bei ForschungsWerk, bevor sie 2015 zur Professorin für empirische Marktforschung der Hochschule Augsburg berufen wurde. Eines ihrer Forschungsgebiete ist die Qualitätssicherung in der empirischen Forschung und damit einhergehend die Evaluation unterschiedlicher Erhebungs- und Auswertungsmethoden.
Die Marktforschung bietet einen bunten Blumenstrauß an Methoden und Tools für die unterschiedlichsten Fragestellungen an. Seit dem Spiegel-Artikel im März 2018 ist die Marktforschung in die Kritik geraten. Der Vortrag beschäftigte sich daher nicht nur mit unterschiedlichen Werkzeugen, sondern zeigte auch die Rahmenbedingungen für vertrauensvolle Zusammenarbeit von Auftraggebern und Instituten auf. Daraus erst resultieren qualitativ hochwertige Daten. Auf dieser Basis kann die Analyse beginnen, welche Methoden zu Insights führen, die ein kundenzentriertes Marketing ermöglichen. Prof. Köstner ging auf ausgewählte Methoden wie die mobile Befragung, die App-Befragung, die Beobachtung im Labor oder im Feld ein und thematisierte Fragestellungen, in denen die jeweiligen Methoden ihre Stärken ausspielen können.
Die Bereitschaft bei Umfragen mitzumachen werde aber immer weniger. Auch die Qualität der Ergebnisse leide darunter, so Köstner. „Macht jemand freiwillig mit, dann hat man immer die Gefahr der Selbstselektion“, sagt sie. Das führe oft zu Verzerrungen der Ergebnisse. Man erfahre auch wenig über die Zielgruppe. Die Civei-Umfrage ist eine konservative Methode, die immer nah dran war, wie zum Beispiel bei den letzten Bundestagswahlen. „Viele Verlagshäuser nutzen diese Art von Umfrage. Damit kann man jemanden auch gut auf seiner Website halten“, so Köstner. Im Bereich der Beobachtung im Labor haben sich die VR-Brillen durchgesetzt. Damit kann man Autos testen, virtuell durch Supermärkte gehen und zum Beispiel Verpackungstests machen. So kann die Kaufwahrscheinlichkeit getestet werden. Hier besteht jedoch laut Köstner die Gefahr, dass der Proband entweder zu tief in diese Welt eintaucht oder aber zu wenig differenziert. „Das kann aber auch bei anderen Studien passieren.“ Köstners Lieblingsmethode ist die Beobachtung im Feld: die Market Research Online Community MROG. Hier werden die Probanden eingeladen, sich über einen längeren Zeitraum für eine Produktidee oder einen Zustand zu beobachten. Der Vorteil ist, dass sich ein Proband warmlaufen kann. Diese Untersuchungen kosten aber richtig viel Geld. Trotz allem warnte Köstner vor den ePrivacy-Richtlinien 2018, die wie ein Damoklesschwert über allem schweben. Denn ohne Cookies ist die Reichweitenforschung für Medialandschaften obsolet!
Damit Fragebögen nicht langweilig wirken, können sie durch Spiele mit vielen Bildern aufgepeppt werden. Was die Auswertung der Fragebögen angeht, sind die Grundlagen der Statistik unerlässlich. Wichtig sei es, immer die Teilgruppe und die bedingten Häufigkeiten zu beachten. Prof. Dr. Paul freute sich, dass Prof. Köstner als Referentin an die Uni kam. Sein Fazit: „Es ist tatsächlich schwierig, einen guten Fragebogen zu entwickeln. Aber es gibt leider keine Alternative!“ Daran schlossen sich spannende Diskussionen der Gäste an.
Text und Bilder: Sabine Roth